Volker Pellen

Meine bisher härteste Nummer

Ok, ich gebe zu, dass der Name der Veranstaltung diskussionswürdig ist, denn googelt man „Battle of the Ardennes“, findet man Bilder aus dem 1. Weltkrieg. Aber ganz ehrlich, das Ding ist echt ein Kampf. Hier hat sich das Team von den Spartacusseries Belgien ein ganz besonderes Zuckerchen einfallen lassen, einen Hindernislauf in den Ardennen. Klingt zunächst sogar ein bisschen romantisch, denn wer Durbuy kennenlernt, möchte dort unbedingt in einem der Cafés einen Cappucchino trinken. Richtig schnuckelig hier. Aber darum sind wir ja nicht hier.

Samstag, 27.06.2015: Battle of the Ardennes ist eine tolle Veranstaltung. Meistens gehen die Läufe der Spartacusseries über 10 km. Doch hier hat man noch einen Bonuskilometer draufgelegt. Nicht dass die Steigungen, wie man in der Graphik sieht, schon Bonus genug wären.

Dann gibt es noch 600 besonders Verrückte, die die Runde gleich zweimal laufen dürfen. Dann nennt sich das ganze „Battle of the Ardennes Extreme“. Nun dürft ihr direkt mal raten, wer zu diesen 600 Auserwählten gehörte. Genau – ICH!

Ankunft war ein Parkplatz außerhalb des Ortes. Gebühren fielen nicht an. Ein Shuttlebus brachte uns dann direkt bis vor das Spartacus-Eventgelände.

Wie immer wurde um den Startbereich eine Art Camp aufgebaut, was einen in Festivalstimmung brachte. Neben den Zelten der Sponsoren, wie Red Bull und Jeep, fand man die Fressmeile und etwas Abseits die Toiletten. Die Bässe der Musik hämmerten über den Platz und nahezu alle, die das Gelände betraten, bewegten sich zum Rhythmus der Musik vom einfachen Kopfnicken bis zum Tanzen.

Die Spartacusseries starten in Wellen. Alle paar Minuten zieht eine neue Gruppe von 250 erlebnisorientierten Abenteurern in den Wahnsinn. Die erste Welle startete um 13:00 Uhr und nach wenigen Metern stand man vor einer ca. 2 m hohen Wand. Das erste Hindernis, dass mittlerweile zum Kult des Starts geworden ist, heißt „Temple of Spartacus“. Oft bekomme ich die erste Startwelle als Zuschauer nicht mit, denn meistens bin ich selber darin. Es herrschte eine absolut fabelhafte Stimmung, auch wenn ein Teil der Wand auf der linken Seite von der ersten Welle mitgerissen wurde. Die Gefahrenquelle wurde aber vom Orgateam schnell erkannt und genauso schnell behoben.

Trotz der extrem hohen Temperaturen hielt ich es für sinnvoll, mich ein wenig warmzulaufen. Hier merkte ich schon, dass die beiden letzten Läufe (Spartacusrun Belgien und MudMasters NRW) noch in den Knochen steckten.

Gegen 13:50 Uhr durfte dann auch die erste Welle der 22 km-Extremos ihren Startkäfig betreten. Ich sagte vorher noch zu meiner Frau, dass es, wenn es gut läuft, ca. 2 Stunden dauern würde. Sie solle nicht mit dem Essen auf mich warten.

Als wir dann im Startblock standen, kam der erste Läufer der ersten Welle ans Ziel. Die Uhr zeigt ca. 57 Minuten an und ich wusste, dass mit den ca. 2 Stunden wird nicht hinhauen. Er dreht sich oben auf dem letzten Hindernis nochmals um, und als er keine direkten Verfolger feststellen konnte, riss er die Arme in die Luft und ging nach einer Rutsche ins Wasser durch das Ziel. Hätte er gewusst, dass seine Zeit später noch geschlagen wird, wären die Arme wohl unten geblieben. Das ist der Nachteil des Wellenstartes – als erster weiß man noch nicht, ob man wirklich gewonnen hat. Viel mehr Nachteile fallen mir auf Anhieb aber nicht ein.

Im Startblock fällt mir eine dunkelhäutige Schönheit auf. Jetzt darf ich es schreiben, denn meine Frau hatte sie vorher wohl auch gesehen und sogar fotografiert. Sie sah aus, wie gemalt.

Aber zurück zum Geschehen, denn es geht los … 10, 9, 8, 7,…. Peng!

Alle rennen zur Wand. Und wie hätte es anders sein sollen, ich helfe der Schönheit zunächst nach oben und danach hilft sie mir. Das erste Mal, dass ich bei dieser Wand Hilfe brauchte (zwinker). Das war aber auch dann das letzte Mal, dass ich sie gesehen hatte.

Die Zeitmessung startete erst einige Meter hinter der Wand. Und nach dem Piep (Zeitmessung durch Chip im Knöchelband) wusste ich, wir sind wieder unterwegs. Bisher lief es besser als erwartet und nach einigen hundert Metern fand ich mich auf dem Boden robbend wieder. Erst trocken, dann mit Dusche und dann Strom. Nein, ich mag es immer noch nicht.

Es waren noch keine 2 km vergangen, überholte ich bereits die letzten der Vorwelle. Und dann ging es bergauf. Stairway to heaven hieß es glaube ich, nur ohne Stufen. Zunächst trabte ich an den Gehenden vorbei, soweit es die Strecke zuließ, aber mit jedem Meter wurden die Waden dicker und ich verspürte den Drang selbst zum Walker zu werden. NEIN, nicht hier und nicht jetzt. Ich hatte es bis oben geschafft und das Rennen ging weiter.

Einfache bis kreative Hindernisse sollten noch auf mich warten. Wirklich schwere waren nicht dabei, bis auf die Strecke selbst. Die Ardennen sind nicht die Niederlande.

Da war zum Beispiel ein Spinnennetz aus Gummiseilen im Dunkeln, diverse Gerüste zum Klettern, Strohballen mit Autoreifen und Holzbalken (hier hieß es drunter und drüber), beim Hindernis Monstertruck kletterte man über ein paar Schrottautos. Auch wenn man als Extremo nicht in der ersten Welle gestartet ist, gab es bei den Hindernissen keinen Stau. Das hasse ich nämlich wie die Pest. Passiert schon mal gerne beim Strongmanrun. Auch wenn man dann angedüst kommt und laut 2. Runde ruft, macht noch lange nicht jeder Platz, im Gegenteil wird dann mal ein Ellbogen ausgefahren oder ähnliches. Und hier direkt meine Bitte an reine Spaßteilnehmer: es ist toll, dass ihr mit Freude an den Rennen teilnehmt, aber wenn euch die Puste ausbleibt, und ihr ein paar Schritte gehen müsst, dann bitte nicht mitten auf der Strecke oder nebeneinander in der Gruppe. Geht bitte am Rand und lasst die anderen durch. Manche Streckenabschnitte habe es echt in sich, und wenn man einen Abhang runterrast, reicht eine kleine Berührung und man macht den Abflug.

Das war hier in den Ardennen der Fall. An manchen Abschnitten konnte man nicht überholen und so kam es dann doch zu Stauungen und man war zum Gehen gezwungen. Eine junge Dame hatte sich sogar so erschrocken, dass, als ich an ihr vorbei lief, sie mich sogar schubste. Nicht dass es dort am Rand steil bergab ging. Neeeein! Wie ich noch so halb mitbekam, hatte ihr Begleiter sie schon ins Gebet genommen.

Was mir sehr gut gefallen hat, war die Kilometrierung. So wusste ich beim Schild IX, dass es nun nicht mehr so weit sein konnte, zumal man auch wieder deutlich die Musik aus dem Start/Ziel Bereich hören konnte. Jetzt nochmal hochklettern, über das Containernetz und die Rutsche runter ins Wasserbecken. Raus aus dem Wasser und ab durch das Ziel. Moment! Da war doch was! Ich hab’s gleich. Ach ja, ich war ja ein Extremo, also das ganze nochmal. Vor dem Ziel mit einer Träne im Auge links abbiegen, kurz an der Verpflegungsstation pausiert und schon stand ich wieder vor der Wand. Diesmal kam ich auch alleine drüber, war ja sonst keine(r) in der Nähe!

Beim Lauf über den Piep waren knapp 1h 15 min um und ich war müde. Nicht nur, dass mir die Hitze sehr zu schaffen machte, nein ich war einfach nicht auf den Punkt fit. Kann man mal haben, aber man muss dann auch erkennen, dass die zweite Runde ein Qual werden wird.

Da war er wieder, der Stairway to heaven. Unten trabte ich noch, aber dann verspürte ich, dass sich ein Krampf im rechten Oberschenkel anbahnte. Oh nein, bitte nicht auch noch das. Also erstmal Tempo raus und gehen. Später ging es dann wieder etwas besser.

Dann kam die Verpflegungsstation. Ein bisschen Zucker, Banane oder sonst etwas in der Art wäre jetzt sehr schön gewesen. Der Red Bull Stand war leider schon leer geplündert und für das Wasser waren keine Becher mehr da. Sowas, liebe Leute, darf nicht passieren. Das ist bei der Strecke und bei dem Wetter echt unverantwortlich.

Kurz ein Schluck aus dem Tetrapack und weiter.

Hindernisse, wie die Treppe wurden natürlich wieder gegangen. Und da passierte es, ein Läufer der Folgewelle überholte mich. Wahrscheinlich waren es schon viel mehr, aber bei ihm fiel es mir auf. Tja, wenn man eh schon am Boden ist, kommt noch jemand und tritt drauf. Zu allem Übel bekam ich dann beim Monstertruck den längst erwarteten Krampf, allerdings in der linken Wade. Schnell waren Helfer zur Stelle, die mich versorgten. Vielen lieben Dank, Kollegen, das war echt cool von euch.

Wieder auf und vorsichtig weiter. Man muss halt eben immer einmal öfter aufstehen als man hinfällt. Das ist das eigentliche Geheimnis.

Die Musik wurde wieder lauter und ich näherte mich ein zweites Mal dem Zielbereich. Nochmal hochklettern, Containernetze waren gefühlt viel wackeliger als in der ersten Runde und die letzte Rutsche hätte auch bergauf gehen können, ich habe es nicht mehr wirklich wahrgenommen. Doch dann ging es endlich durchs Ziel – nach 2 h und 46 min – eine gefühlte Ewigkeit. Das war vielleicht nicht der schwerste Lauf aber für mich die bisher härteste Nummer.

Die Tortur wurde mit einer handgroßen Medaille belohnt. Ein wirklich sehr schweres Teil an einer Kette. Im Zielbereich gab es auch wieder Red Bull, Wasser, Waffeln, Honigkuchen, also ein kleines Schlaraffenland.

Die Familie hatte mich wieder. Ich legte mich erstmal im Jeepzelt auf ein XXL Sitzsack und wollte auch nie wieder aufstehen. Mir wurde mein traditionelles Finisher-Bier gebracht. Für das Foto stand ich dann natürlich doch auf. Bevor wir wieder in den Shuttlebus stiegen, nutzte ich noch die Menwash Anlage. Wie bei den meisten Läufen hingen hier ein paar Gartenschläuche mit kaltem Wasser. Aber das war bei der Hitze gar nicht so schlimm. Beim nächsten Mal sollte man allerdings darauf achten, dass das Wasser besser abläuft. Mein Tipp an dieser Stelle: Bereits morgens schon einmal duschen, dann kriegt man auch nach dem Lauf, selbst mit kalten Wasser den Dreck besser ab. Außerdem ist man dann auch wach.

Fazit: Battle of the Ardennes ist ein super Event und ich kann es nur empfehlen. Bis auf ein paar Kleinigkeiten sind die Läufe der Spartacusseries in Belgien und mittlerweile auch in Frankreich und Dänemark bestens organisiert.

Ich habe dann doch noch den 72ten Platz erreichen können. Viel besser als erwartet. Die anderen hatten wohl mit denselben Problemen zu kämpfen. Höchste Anerkennung an alle, die diesen Lauf an diesem Tag durchgezogen haben.

Ach ja, ein weiteres Bonbon ist die eigene Microsite für jeden Läufer. Auf die kommt man, wenn man auf der Homepage die Startnummer eingibt. Dort findet man dann die persönlichen Videos.

Jetzt ist erstmal eine Woche Pause und dann starte ich locker in die achtwöchige Vorbereitung auf den Battle of Thor aus der Spartacusseries.


Hol Dir Dein neues Outfit!

Das Team Germany Trikot in der Guru edn.!

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